Ihr Erbrechtsexperte Wolfgang Roth erläutert einen neuen, vom OLG München entschiedenen Fall, wonach die Erbeinsetzung aufgrund von Pflege und Betreuung versagt wurde:
Wird jemandem per Testament das gesamte Vermögen zugewiesen, wenn diese Person den Erblasser „bis zum Tode pflegt und betreut“, liegt darin auch dann keine Erbeinsetzung, wenn die pflegende Person zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung namentlich benannt wird.
Die Erblasserin erstellte handschriftlich ein Testament und bestimmte die Person, die sie bis zu ihrem Tode pflegt und betreut als diejenige, die das gesamte Vermögen bekommen soll. Sie benannte dazu eine sie „zurzeit“ pflegende Dame. Jene beantragte nach deren Tode einen Alleinerbschein, den das Nachlassgericht erteilen wollte. Der dagegen erhobenen Beschwerde gibt das OLG München statt.
Eine Erbeinsetzung enthält das Testament laut Senat nicht, da die Namensnennung der zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung pflegenden Dame nur beispielhaft erfolgte. Sie sollte nur dann Erbin werden, wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllte. Dazu muss das Testament ausgelegt werden. Ein Erbe ist dann korrekt bestimmt, wenn er nach dem Erblasserwillen den Nachlass regeln, insbesondere Nachlassschulden tilgen und zugleich unmittelbare Rechte am Nachlass haben soll. Ausgangspunkt für die Auslegung ist das, was die Erblasserin mit ihren Worten im Testament sagen wollte. Die Verwendung des Wortes „derzeit“ als die Erblasserin pflegende Person spricht dafür, dass die damalige Pflegende nur beispielhaft erwähnt wurde. Vielmehr schuf die Erblasserin nur die Bedingungen und Voraussetzungen (Pflege und Betreuung), welche jemand erfüllen sollte, um Erbe zu werden. Die Auswahlkriterien für die zeitliche, örtliche oder umfangmäßig vorzugebende Pflege und Betreuungstätigkeit fehlen im Testament. Dasjenige, was die Erblasserin konkret unter ihrer „Pflege und Betreuung“ verstanden haben wollte, tritt nicht zu tage, ebenso unklar ist, ob Pflege und Betreuung synonym im Testament verwendet wurden oder beide Voraussetzungen kumulativ vorliegen mussten, um die genannte Person zum Erben einzusetzen. Mangels Aufklärungsmöglichkeit führt die Testamentsauslegung nicht zur Erbeinsetzung der genannten Person, so dass die gesetzliche Erbfolge eingreift und der Beschwerde stattgegeben wird.
Der nachvollziehbare Wunsch, dass derjenige, der sich um den Erblasser in alten und kranken Tagen kümmert zum Erbe eingesetzt wird, muss konkret im Testament ausformuliert werden. Insbesondere Art und Umfang der Pflegetätigkeit ggf. der Ort (Pflege zu Hause) und sonstige Kriterien, welche nach dem Tode des Testators eine konkrete Prüfung dieser Bedingung ermöglichen, dürfen im Testament nicht fehlen, andernfalls verhilft eine solch allgemeine Formulierung nicht zur Erbeinsetzung.
Fundstelle: OLG München, Beschluss vom 15.9.2023 – 33 Wx 38/23e
... → mehrDer Bundesgerichtshof (BGH) hat eine für die pflichtteilsrechtliche Praxis weitreichende Entscheidung getroffen, die ihnen Ihr Erbrechtsexperte Wolfgang Roth erläutert:
Erstellt ein Notar ein Nachlassverzeichnis in einem Verfahren über den Pflichtteil nicht, obwohl er den Auftrag vom Erben hierzu übernommen hat, kann der Pflichtteilsberechtigte gegen den untätigen Notar keine Notarbeschwerde erheben.
Der Pflichtteilsberechtigte erstritt bei Gericht gegen die Erbin ein Urteil auf Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses. Ein von der Erbin damit beauftragter Notar bleibt untätig, woraufhin der Pflichtteilsberechtigte eine Notarbeschwerde erhebt. Im Instanzenzug versagt der BGH der Beschwerde allerdings den Erfolg.
Dem Pflichtteilsberechtigten fehlt die sogenannte materielle Beschwer nach §§ 15 II 3 BNotO i. V. m. 59 I, II FamFG, also die Befugnis, sich überhaupt direkt gegen den Notar beschweren zu dürfen. Allein der Erbe beauftragt den Notar mit der Verzeichniserstellung, sodass auch nur dieser gegen dessen Untätigkeit vorgehen kann. Die sich aus der Bundesnotarordnung (BNotO) ergebenden Vorschriften dienen nicht dem Schutz des Pflichtteilsberechtigten, da jener nur in seinen wirtschaftlichen Interessen bei Notaruntätigkeit betroffen wird, nicht aber in rechtlicher Hinsicht. Dies führt dazu, dass ihm ein eigenes Beschwerderecht nicht zusteht.
Ein Zwangsmittel gegen einen untätigen Notar hat der Pflichtteilsberechtigte nicht, wie nun letztinstanzlich entschieden wurde. Der Pflichtteilsberechtigte steht vor einem in der Praxis nicht selten auftretenden Problem, wenn der Notar das Nachlassverzeichnis verzögert oder gar nicht erstellt. Gegen den Notar selbst und direkt kann er laut BGH nicht vorgehen. Er muss sich vielmehr an den Erben halten, gegen den gegebenenfalls durch das Gericht ein Zwangsgeld festzusetzen ist; dem Erben hingegen ist der Weg über die Untätigkeitsbeschwerde ausdrücklich eröffnet, da er dem Notar gegenüber der Auftraggeber und bei Untätigkeit beschwerdeberechtigt ist.
Wie ist also vorzugehen in diesen Fällen?
Fundstelle: BGH, Beschluss vom 19.07.2023 – IV ZB 31/22
... → mehrDas Landgericht (LG) Heilbronn hat entschieden, dass derjenige die Verfahrenskosten auch dann tragen muss, der ein Vermächtnis wegen starker Trauer vorläufig nicht erfüllt, wie Ihr Erbrechtsexperte Wolfgang Roth an Hand dieses neu entschiedenen Falls erläutert:
Wird ein Geldvermächtnis eingeklagt, trägt der Erbe die Prozesskosten auch dann, wenn er durch den Tod des Erblassers aufgewühlt oder psychisch belastet ist.
Die Verstorbene setzte mit ihrem Testament eine Alleinerbin ein und ordnete zu Gunsten der späteren Klägerin ein Geldvermächtnis an. Das Vermächtnis wurde ca. 3,5 Monate nach dem Tod der Erblasserin zur Zahlung angefordert. Die Erbin fragte per E-Mail nach der Bankverbindung der Bedachten an, was ihr mitgeteilt wurde. Mangels Zahlung forderte der daraufhin eingeschaltete Rechtsanwalt nochmals das Geldvermächtnis an und erhob kurz darauf Zahlungsklage zum Landgericht. Vor der Weiterleitung der Klageschrift an die Erbin erfolgte die Zahlung, woraufhin die Klage zurückgenommen wurde. Das LG legt der beklagten Erbin die gesamten Kosten des Rechtsstreits auf.
Der Einwand, sie sei nach dem Tod aufgewühlt und psychisch sehr belastet gewesen, rechtfertigt nicht, den Verzugseintritt zu verneinen. Krankheitsbedingte Einschränkungen können nur dann berücksichtigt werden, wenn die psychischen Belastungen es rechtfertigen, eine Banküberweisung nicht zu tätigen. Nur dann wäre zu überlegen, ob das Verschulden der vorläufigen Nichterfüllung die Verzugsfolgen (hier: die Kosten zu tragen) entfallen lässt. Da die Bankverbindung angefragt wurde und das vorgelegte Arztattest nicht erkennen lässt, weshalb eine einfache Geldüberweisung aufgrund der psychischen Belastungen nicht möglich gewesen sein soll, ist die ausgesprochene Kostenfolge zu bejahen.
Praxishinweis für Sie
Nicht selten „verteidigen“ sich zahlungspflichtige Erben mit dem Argument, sie seien krankheits- oder altersbedingt nicht in der Lage, ihren erbrechtlichen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Zu Recht lässt das LG diese durch nichts belegten Argumente in kostenrechtlicher Hinsicht nicht gelten. Nur wenn ein Arzt bestätigt, dass die Trauer und damit verbundene seelische Belastung dazu führen, eine Überweisung nicht tätigen zu können, wäre dies anders zu sehen. Dann fragt sich, ob die Erledigung der Zahlung nicht auch durch eine Person erfolgen könnte, die eine Vorsorgevollmacht innehat.
Fundstelle:
LG Heilbronn, Beschluss vom 18.07.2023 – I 3 O 117/23
... → mehrQualität zahlt sich aus:
Wie schon in den letzten Jahren hat das Magazin FOCUS SPEZIAL - TOP - ANWÄLTE DEUTSCHLANDS Fachanwalt für Erbrecht Wolfgang Roth wieder unter Deutschlands 77 Top-Juristen im Erbrechtsbereich aufgenommen. In der Sonderausgabe des FOCUS, die im September 2023 erschien, wurden "exzellente Anwälte und Kanzleien" für spezielle Rechtsgebiete - auch für das Erbrecht - ausgewählt. Auch durch CAPITAL (Heft 06/2021) erfolgte die Auszeichnung als eine der deutschlandweit führenden Erbrechtskanzleien Deutschlands.
... → mehrDie Besteuerung des Vor- und Nacherben, die von der Erbfolge laut Testament im Zivilerbrecht abweicht, ist nach einer neuen Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zulässig, wie Erbrechtsexperte Wolfgang Roth erläutert
Wird der Vor- bzw. Nacherbe erbschaftsteuerlich in abweichender Weise vom zivilrechtlichen Erbrecht besteuert, ist dies zulässig und verfassungsgemäß.
Die verstorbene Ehefrau setzte ihren Ehemann zum Vorerben, zwei ihrer drei Kinder zu Nacherben ein. Nach dem späteren Tod des Vaters wurde dieser von den beiden Kindern ebenfalls hinsichtlich seines Nachlasses beerbt. Das Finanzamt setzte Werte für die Immobilien der vorverstorbenen Erblasserin fest und rechnete diese allerdings dem Nachlass des nachverstorbenen Vaters zur Festsetzung der Erbschaftsteuer zu. In allen Instanzen verliert die Nacherbin mit ihrem Einwand, dass das Immobilienvermögen nicht dem väterlichen, sondern dem zuvor vorhandenen mütterlichen Nachlass für die Besteuerungsgrundlage zuzurechnen sei.
Der BFH weist darauf hin, dass die erbschaftsteuerliche Behandlung von Vor- und Nacherbschaft nach § 6 ErbStG in zulässiger Weise teilweise von der Systematik des Zivilrechts abweist. Dies entspricht dem gesetzgeberischen Willen. Zwar erben der Vor- und Nacherbe zivilrechtlich zeitlich nacheinander vom selben Erblasser, nur zeitlich versetzt, dennoch gilt der Anfall der Nacherbschaft in erbschaftsteuerlicher Hinsicht nach § 6 ErbStG grundsätzlich als Erwerb vom Vorerben. Insoweit bestimmt § 6 I ErbStG den Vorerben als "Erben", dessen Erwerb in vollem Umfang der Erbschaftsteuer unterliegt; demnach haben beim Eintritt der Nacherbfolge die Nacherben nach § 6 II 1 ErbStG den Erwerb als vom Vorerben stammend zu versteuern. Für die Erbschaftsteuer unterstellt die Norm also, dass der Nacherbe Erbe des Vorerben wird. Dies gilt auch dann, wenn die Nacherben zugleich im Schlusserbfall Erben des Vorerben werden, auch wenn zivilrechtlich zwei getrennte Erbfälle vorhanden sind. Gleichwohl liegt erbschaftsteuerrechtlich ein einheitlicher Erwerb vom Vorerben vor. Die Abweichung der Besteuerungsgrundlage vom Zivilrecht liegt innerhalb der von der Verfassung vorgegebenen Grenzen, so dass kein Verfassungsverstoß vorliegt.
Die Entscheidung zeigt einen der wenigen Sonderfälle auf, in welchen die Erbschaftsteuerliche Behandlung nicht den zivilrechtlichen Vorgaben folgt. Bei Testamentsgestaltungen muss auf diese steuerliche Folge seitens des Erbrechtsberaters hingewiesen werden. „Rettung“ kann in steuerlicher Hinsicht, § 6 II 2-5 ErbStG bieten, wonach auf Antrag die Versteuerung nach dem Verhältnis des Nacherben zum (ursprünglichen) Erblasser zugrunde zu legen ist. Weiteres zur Vor- und Nacherbschaft finden Sie in den Publikationen Ihres Erbrechtsspezialisten Wolfgang Roth.
Fundstelle: BFH, Beschluss vom 28.6.2023 – II B 79/22
... → mehrEine gelungene Veranstaltung führte die Volksbank Mosbach mit 3 Erbrechtsexperten für ihre Kundinnen und Kunden sowie einer interessierten Zuhörerschaft durch.
Ihr Erbrechtsexperte Rechtsanwalt Wolfgang Roth, Obrigheim, zeigt Wege auf, um eine Erbengemeinschaft Schritt für Schritt auseinanderzusetzen:
Der Gesetzgeber sieht vor, dass eine Erbengemeinschaft durch einen einzigen Aufteilungsschritt aufgelöst wird. Idealer Weise sollen zu diesem Zeitpunkt der Nachlass teilungsreif sein und alle Miterben hierzu ihre Zustimmung erteilen. Es gibt aber Möglichkeiten Teilauseinandersetzungen vorzunehmen; umgekehrt aber auch Gründe, eine solche zu verhindern.
Vorrangig vollzieht sich die Auseinandersetzung des Nachlasses nach Vorgaben des Erblassers. In seinem Testament kann eine sogenannte Teilungsanordnung vorgegeben sein. Das ist der Fall, wenn der Verstorbene einzelnen Miterben einzelne Nachlassgegenstände gesondert zugeschrieben hat, zum Beispiel einem Kind, das mit seinen Geschwistern erben soll, ein Grundstück.
Teilungsanordnungen sind vorrangig zu erfüllen und begründen eine schuldrechtliche Verpflichtung der Miterben untereinander. Daher können sich Miterben nur einverständlich darüber hinwegsetzen.
Die Teilungsanordnung führt dazu, dass der dadurch begünstigte Miterbe sich beispielsweise gegen eine Teilungsversteigerung über eine Nachlassimmobilie, welche ein anderer Miterbe eingeleitet hat, erfolgreich wehren kann; dies haben die Oberlandesgerichte Karlsruhe und München entschieden (Fundstellen: BeckRS 2022, 6162; OLG München, BeckRS 2016, 19752). Das prozessual richtige Mittel ist eine sogenannte unechte Drittwiderspruchsklage gemäß §§ 768, 771 der Zivilprozessordnung.
Nach § 2044 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) kann der Erblasser in seinem Testament die Auseinandersetzung des gesamten Nachlasses oder einzelner Nachlassgegenstände ausschließen. Wird die Auseinandersetzung auf diese Weise untersagt, handelt es sich um eine Auflage, §§ 2192 ff. BGB zu Lasten aller Erben. Darüber können sich die Miterben nur gemeinsam hinwegsetzen. Auch hier ist die Widerspruchsklage nach § 771 ZPO analog wieder die richtige Klageart.
§ 2043 BGB sieht vor, dass dann, soweit die Erbteile noch unbestimmt sind, jeder Miterbe verlangen kann, dass die Auseinandersetzung bis zur Klärung der Ungewissheit aufgeschoben werden kann. Die Auseinandersetzung ist in diesen Fällen ausgeschlossen, soweit und solange die Erbteile unbestimmt sind.
Am besten erfolgt die Nachlassteilung in mehreren Teilschritten. Eine Teilerbauseinandersetzung kann jedoch nur bei Einverständnis aller Miterben erfolgen. Gegen den Willen eines Miterben besteht der Anspruch auf Teilauseinandersetzung nur dann, wenn besondere Gründe dies rechtfertigen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn Nachlassverbindlichkeiten nicht mehr bestehen und die Belange der übrigen Erben durch die Teilauseinandersetzung nicht gefährdet werden. Die Rechtsprechung handhabt die Frage der Zulässigkeit einer Teilerbauseinandersetzung restriktiv.
Nicht selten wird der Nachlass durch Teilungsversteigerung einer Nachlassimmobilie zur sogenannten "Teilungsreife" gebracht. Teilungsreif ist im Prinzip nur Geld, das nach den Erbquoten verteilt werden kann. Erfolgt der Zuschlag in der Versteigerung an einen Ersteher, setzt sich die Erbengemeinschaft am Veräußerungserlös fort, § 2041 BGB, was auch der Grund dafür ist, dass der Erlös nicht automatisch verteilt wird. Oft stimmen die Miterben gegenüber dem Versteigerungsgericht zu, den Erlös unmittelbar an die Miterben entsprechend ihrer Erbquoten auszuzahlen. Dadurch erfolgt nicht nur eine rechnerische Verteilung des Erlöses, sondern zugleich wird die stillschweigende Einigung aller Miterben über eine Teilerbauseinandersetzung am erlösten Geld erklärt. Durch die Verteilung des Verkaufserlöses ist die Teilung in Natur nach §§ 2038 II, 752 BGB am Erlös erfolgt. Widerspricht jedoch ein Miterbe (was auch ohne Angabe von Gründen geschehen kann) dieser Auseinandersetzung, ist der Versteigerungserlös zu hinterlegen; im Rahmen eines gesonderten Hinterlegungsprozesses vor dem Landgericht muss dann um die konkrete Verteilung prozessiert werden.
In einer Vielzahl von Fällen zur Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften spielen Teilerbauseinandersetzungen eine erhebliche Rolle. Auch wenn nur in engen Ausnahmefällen hierauf ein einklagbarer Anspruch auf Durchführung einer Teilerbauseinandersetzung von der Rechtsprechung anerkannt wird, liegt darin ein probates Mittel, Erbengemeinschaften sukzessive auseinanderzudividieren.
... → mehrErbrechtsexperte Wolfgang Roth erläutert eine neue Entscheidung des Finanzgerichts Köln, wonach Anwaltskosten, die für eine Versteigerung einer Immobilie, die im Nachlass ist, bei der Erbschaftsteuer abgesetzt werden können.
Beantragt ein Miterbe im Zuge der Erbauseinandersetzung die Teilungsversteigerung einer Nachlassimmobilie, kann er die Kosten der Rechtsberatung und Rechtsvertretung steuerlich als Nachlassverbindlichkeiten geltend machen.
Der Verstorbene hinterließ seine zwei Söhne als Miterben und mehrere Grundstücke. Nach des Vaters Tod zog sich ein Sohn zurück und wirkte an der Erbauseinandersetzung nicht mit. Um den Nachlass aufteilen zu können, beantragte er über seinen Rechtsanwalt die Teilungsversteigerung der Grundstücke. Mit der beauftragten Anwaltskanzlei, die ihn auch bei der weiteren Nachlassauseinandersetzung vertrat, schloss er vier Vergütungsvereinbarungen ab. Im Verfahren zur Festsetzung seiner Erbschaftsteuer ist streitig, ob er diese Anwaltskosten (Rechtsverfolgungskosten) als Nachlassverbindlichkeiten steuermindernd geltend machen kann; das Finanzamt verneint die Abzugsfähigkeit. Das Finanzgericht hingegen gibt Recht.
Anwaltskosten, die in Zusammenhang mit der Erbauseinandersetzung und den Versteigerungsverfahren anfallen, stellen Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG dar. Unter diesen Kostenbegriff fallen all diejenigen Kosten, die in Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Nachlassverteilung oder Erlangung des Erwerbs entstehen; bloße Nachlassverwaltungskosten sind nicht abzugsfähig (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 3 ErbStG). Die Nachlassauseinandersetzung stellt eine ordnungsgemäße Nachlassabwicklung dar; es gilt der Grundsatz der Teilung des Nachlasses in Natur. In Natur teilbar ist letztendlich nur Geld entsprechend den Erbquoten.
Unteilbare Nachlassgegenstände (Immobilien, Gegenstände) sind deshalb notfalls zu versteigern, um den Erlös in Natur zu teilen. Demnach dient die Versilberung eines Nachlassobjekts der Vorbereitung der faktischen Nachlassauseinandersetzung. Erst dann, wenn die Erlösverteilung erfolgt ist, ist die Erbauseinandersetzung vollzogen und die Erbengemeinschaft aufgelöst. Die dazu notwendigen Aufwendungen, beispielsweise Gutachterkosten, sind ebenso steuerlich abzugsfähig, wie etwa entstandene Notariats- und Gerichtskosten oder Aufwendungen für anwaltliche Beratung und Kosten der gerichtlichen Vertretung von Miterben. Verlangt ein Miterbe die Teilung der Erbschaft und stellt einen Teilungsversteigerungsantrag, sind die daraus resultierenden Kosten für die Rechtsberatung und -vertretung solche der Nachlassverteilung und nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG abzugsfähig.
Das Kölner Finanzgericht entscheidet eine für die Abzugsfähigkeit von Anwalts- und sonstigen Beratungskosten wichtige Schnittstelle im Bereich der erbschaftsteuerlichen Abzugsfähigkeit zu Gunsten des Steuerschuldners. Auch wenn diese Kosten im Rahmen einer Honorarvereinbarung festgelegt sind, spielt es für die Abzugsfähigkeit keine Rolle, sodass auch auf Vergütungsvereinbarungen fixierte Anwaltsgebühren abziehbar sind. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig: Die Revision ist vor dem Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen II R 43/22 anhängig.
Fundstelle: FG Köln, Urteil vom 09.02.2023 – 7 K 1362/21
... → mehrUm ein Testament zu errichten, kann man auch außergewöhnliche Materialien verwenden. Das Kammergericht (KG) in Berlin hat entschieden, dass dafür auch die Rückseite des Speiseplans eines Cafés dienen kann, wie Ihr Erbrechtsexperte Wolfgang Roth erläutert:
Schreibt der Erblasser auf der weißen Rückseite eines Ausdrucks des Speiseplans eines Cafés seinen letzten Willen, kann der Testierwille nicht abgesprochen werden und das Testament ist gültig.
Der unter Parkinson leitende Erblasser hatte mit seiner vorverstorbenen Ehefrau ein notarielles Testament errichtet, in dem beide sich zu Alleinerben einsetzten. Die Nichte der Ehefrau war darin als Schlusserbin bestimmt, wobei der Überlebende noch anderweitig testieren durfte.
Nach dem Tod der Ehefrau schrieb der Witwer auf die Rückseite eines Café-Speiseplanes die Überschrift „mein Testament“ und bestimmte seinen Nachbarn zu seinem Alleinerben. Dies alles versah er mit Ort, Datum und seiner eigenen Unterschrift. Die Nichte beantragte nach seinem Tod einen Erbschein zu ihren Gunsten, der Nachbar des Verstorbenen widersprach und berief sich auf das Testament auf der Speisekarte. Im Verfahren vor dem Nachlassgericht bestätigte ein Gutachter die Testierfähigkeit des Erblassers und führte aus, dass trotz des geänderten Schriftbildes aufgrund der Parkinsonerkrankung das Schriftstück vom Verstorbenen stammte. Die dagegen erhobene Beschwerde der Nichte ist erfolglos.
Der Senat des KG bestätigt unter anderem, dass trotz des verwendeten, außergewöhnlichen Papiers kein Zweifel am ernsthaften Testierwillen vorliegt. Das Gesetz schreibt nicht vor, welcher Schriftträger verwendet werden muss, es kommt nur darauf an, ob sich das Papier zur Fixierung der Schriftzüge eignet und der niedergelegte Inhalt keinem durchgreifenden Zweifel am Testierwillen unterliegt. Der Verstorbene setzte die auch ansonsten üblicher Weise verwendete Überschrift „mein Testament“ auf das Schriftstück, seinen vollen Namen mit Geburtsdatum und unterschrieb die Erbeinsetzung unter Angabe des Errichtungsortes und -datums. Kriterien, die seinem Testierwillen entgegenstehen könnten, sind nicht erkennbar, weshalb sein Testament gilt.
Von der Norm abweichende Schriftträger zur Niederlegung des letzten Willens (Testament) sind zulässig. So wurde bereits ausgeurteilt, dass man ein Testament in eine Holztischplatte ritzen kann oder auf bloße Notizzettel schreiben darf. In diesen Fällen ist allerdings der Wille, überhaupt ein Testament errichten zu wollen (der Testierwille) besonders sorgfältig zu prüfen.
Fundstelle: KG, Beschluss vom 09.05.2023 – 6 W 48/22
... → mehrIhr Erbrechtsexperte, Rechtsanwalt Wolfgang Roth, Obrigheim, fasst die wesentlichen Aspekte zusammen, wonach ein Ehegattentestament nicht in einer, sondern in mehreren getrennten Testamenten errichtet werden kann:
Nach § 2265 BGB können Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament errichten, wobei in formaler Hinsicht genügt, dass ein Ehepartner das Testament handschriftlich erstellt und der andere diese Erklärung selbst mitunterzeichnet, § 2267 Satz 1 BGB. Nicht selten errichten Ehegatten allerdings auf getrennten Blättern handschriftliche Einzeltestamente, möchten diese aber inhaltlich miteinander verknüpfen. Dabei stellt sich die Frage, ob dadurch wirksam ein „gemeinschaftliches“ Testament entstanden ist.
Das Gesetz definiert selbst nicht, was unter der „Gemeinschaftlichkeit“ eines Testaments zu verstehen ist. In der Regel ist auf eine gemeinsame bzw. gemeinschaftliche Erklärung der Testierenden abzustellen. Dies kann durchaus in getrennten Einzeltestamenten geschehen. Allerdings setzt dies voraus, dass in zumindest einem von zwei Testamenten eine gemeinschaftliche Verfügung vorhanden ist; dies kann auch lediglich ein Vermächtnis sein. Beide Testierenden müssen bei der Errichtung ihres jeweiligen Einzeltestaments die Absicht haben, gemeinsam mit dem anderen Ehegatten letztwillig zu verfügen. Dieser Wille muss nach außen erkennbar aus der Urkunde ersichtlich sein und zumindest handschriftlich angedeutet sein. Zweifelhafte Andeutungen im Testament können durch Auslegung ermittelt werden, wobei auch Umstände außerhalb der Testamentsurkunde für die Auslegung herangezogen werden können, wie zuletzt das Oberlandesgericht Brandenburg entschieden hat (BeckRS 2023, 1627).
Liegen separate Testamente vor, hat die Rechtsprechung anhand einzelner Umstände des Einzelfalles im Wege der Auslegung gemeinschaftliche Verfügungen in folgenden Verfahren angenommen:
Eine reine Mitunterzeichnung des jeweils anderen Ehepartners ist zwar als Indiz zu Gunsten eines Gemeinschaftstestaments zu würdigen, führt jedoch keine gemeinschaftlichen Verfügungen herbei, wenn der mitunterzeichnende Testamentswortlaut nur Verfügungen von einem Ehegatten beschreibt; hier kann die Mitunterzeichnung auch nur der Kenntnisnahme der Verfügungen des anderen Ehegatten dienen.
Ergeben sich bereits aus dem Wortlaut der Einzelverfügungen, dass keine Pluralformen (s.o.) verwendet wurden oder fehlen gegenseitige Bezugnahmen auf das jeweils andere Testament, sind dies die stärksten Argumente, welche die Rechtsprechung gegen die Auslegung als gemeinsame Verfügungen heranzieht.
Die Gemeinschaftlichkeit der einzelnen Testamentsurkunden setzt nicht voraus, dass beide zeitgleich abgefasst wurden. Dies kann dadurch geschehen, dass zwei getrennte Schriftstücke zeitlich nacheinander errichtet werden oder die Unterschrift des anderen Ehegatten nachträglich unter das bisherige Einzeltestament geleistet wurde. Zwingend erforderlich ist hingegen, dass die Errichtung der getrennten, weiteren Einzelverfügung noch zu Lebzeiten des erstverfügenden Ehegatten erfolgte. Ein Verknüpfungswille kann sich sogar dann ergeben, wenn die zeitliche Errichtung der einzelnen Testamente viele Jahre auseinanderliegt (OLG Hamm, BeckRS 2017, 128746: mehr als 40 Jahre; OLG Düsseldorf, BeckRS 2016, 14512: mehr als 24 Jahre; bis zu 6 Jahre Zeitunterschied: OLG München, BeckRS 2011, 28351).
Die Gemeinschaftlichkeit von Ehegattentestamenten kann durch separate Erklärungen auf getrennten Schriftstücken im Wege der Auslegung ermittelt werden, wenn ein Verknüpfungswille beider Testatoren festzustellen ist. Dies muss allerdings formgültig in den Testamenten seinen Niederschlag finden, wozu für die jeweilige Einzelfallbetrachtung alle sich aus der jeweiligen Testamentsurkunde ergebenden Anknüpfungspunkte herangezogen werden können. Das Ergebnis der Auslegung hat unmittelbaren Einfluss auf die Frage, ob nur das jeweilige Einzeltestament oder beide Testamente beim Tod des ersten Ehegatten eröffnet werden, da bei Untrennbarkeit der einzelnen Verfügungen beide Testamente zu eröffnen sind; dies ist in der Praxis allerdings manchmal nicht gewünscht, gesetzlich allerdings vorgegeben.
Alle Auslegungsschwierigkeiten entfallen, wenn nach Beratung durch einen Erbrechtsexperten die Ehegatten ein juristisch einwandfreies Testament errichten.
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